Keine erneute Erdöl-und Erdgasförderung in der Altmark, Tourismusgebiet Arendsee erhalten

19.12.2019

Landtag von Sachsen-Anhalt - Plenarprotokoll 91/7

Uwe Harms (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Es ist schon eine Weile her, es war etwa 1850 und auch knapp 100km von der Altmark entfernt,
als man auf der Suche nach Braunkohle die erste erfolgreiche Erdölförderung im Zusammenhang
mit einer Bohrung möglicherweise zustande brachte. Wohlgemerkt: als Nebenprodukt, als man
etwas anderes gesucht hatte. Mit einem 10m hohen Turm aus Holz und einer Tiefe von 35m
schaffte man es damals täglich, einen halben Eimer Rohöl zutage zu bringen. Nachdem man
dann 100 Jahre später diese Förderung eingestellt hatte, hatte das gravierenden Einfluss auf
die technische und die industrielle Entwicklung nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen
Welt.
Ich fange bewusst an dieser Stelle an, Herr Lange, damit Sie nicht reflexhaft darauf reagieren,
dass ich sage: Ja, das, was die Akzeptanz in der Altmark betrifft, ist ein Stück weit eine andere
Zeit. Nun war es damals; um 1850, auch nicht ganz einfach, über die Landesgrenze hinweg Er-
fahrungen auszutauschen. Und doch haben die Menschen in der Altmark das genutzt und nicht
nur hin und her geheiratet, sondern auch ihre Erfahrungen ausgetauscht. Und ja, es war schon
vor der DDR-Zeit, als man in der Altmark nach Öl gesucht hatte. Im Jahr 1940 stand ein Bohr-
turm etwa zwei Kilometer vom Haus meiner Großeltern entfernt. Ich habe damals noch nicht
gelebt, Sie auch nicht. Aber die Berichte sind heute noch in der Bevölkerung vorhanden. Und
es war nicht nur ein Bohrturm, sondern es kamen mehrere. Die Suche damals war noch nicht
von ausreichendem Erfolg gekennzeichnet.
Zu DDR-Zeiten hat man diese Suche nach Erdöl fortgesetzt. So ähnlich wie 1850 war man bei
der Suche nach Erdöl nicht erfolgreich. Und das Nebenprodukt Gas hat plötzlich zu einer wahren
Euphorie geführt, auch zu Parteitagsbeschlüssen und -programmen vielfältiger Art. Mit den
Folgen quälen wir uns noch heute.
In der letzten Landtagssitzung hatten wir das Thema Windenergie und haben gehört, dass die
Flügel dann in der Wüste verbuddelt werden. Frau Ministerin hatte darauf hingewiesen, dass
das unbefriedigend ist. Wir hatten das Thema also schon.
Ja, ganz große Vorhaben sind immer  davon geprägt, dass sie auch große Nebenwirkungen
haben.
Aber worüber reden wir hier und heute? -Wir reden darüber: Es gibt Menschen, die haben ein
Interesse daran, zu forschen; die wollen etwas suchen -es geht doch gar nicht um das Heben-,
und es gibt welche, die sagen: Nein, wir wollen partout nicht wissen, ob man nach dem heu-
tigen Stand der Technik Genaueres sagen kann. -Das verblüfft mich, das verblüfft mich sehr.
Ich hatte immer den Eindruck, dass wir da offener sind. Nun stellen wir uns einmal vor, wir
werden fündig und stellen wertvolle Bodenschätze unter der Altmark fest. Dann wären die Alt-
märker doch wohl die Letzten, die sagen würden: Wir wollen unsere Probleme lieber in Afrika
gelöst haben, zumal wir in der Altmark das größte Fachkräftepotenzial für Bergbau, Bohrungen
und dergleichen mehr haben.
Ja, Herr Minister, es stimmt: Wir haben riesige Kompetenzen auch in unserer Landesbergver-
waltung beim Auffinden von Rohstoffen insbesondere in diesen Bereichen. Ja, und es stimmt
natürlich auch: Wir haben auch Kompetenzen gesammelt bezüglich der ganzen Risiken und
Probleme, die auftreten können. Und ja, es stimmt: Diese Kompetenzen müssen auch er-
weitert werden, um diese Probleme nachträglich lösen zu können, manchmal nach vielen
Jahrzehnten. Diesbezüglich haben wir noch einiges zu tun. Aber dass wir uns hinstellen und
sagen: Wir wollen uns nicht weiterentwickeln und wir wollen, dass bei uns nicht geforscht
wird, das ist kein Umgang mit den Möglichkeiten dieser Zeit.
-Wenn Sie eine Frage haben, Frau Frederking, dann würde ich die gern beantworten.
Ansonsten lasse ich Ihren Zwischenruf so stehen.
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Vizepräsident Willi Mittelstädt: Herr Harms, Herr Gallert hat sich zu Wort gemeldet.
Herr Gallert, Sie haben das Wort.

Wulf Gallert (DIE LINKE): Herr Harms, man kann durchaus unterschiedlicher Meinung sein.
Man kann  ja sagen: In Ordnung; ich würde mich freuen, wenn die dort etwas finden und
wenn dort die Förderung losgeht. Darüber muss man aber politisch diskutieren und des-
wegen gehören erst einmal Informationen dazu, welche Schritte jetzt passieren. Ich
wollte nur auf ein Argument eingehen: Wie können Sie denn gegen Forschung und Er-
kundungen dort sein? -Geforscht wird dort nicht. Dort wird erkundet, ob Dinge im Boden
sind, die man fördern kann. Das Problem, Herr Harms, auf das ich hinweisen will, ist, dass 
die Leute natürlich einen Erwartungshorizont haben und dass sie sagen: Okay, das ist jetzt
der  erste Schritt. In fünf oder sechs Jahren bekommen wir Klarheit darüber, ob irgendwann
einmal etwas gefördert wird.
Der Investor, der möglicherweise am Arendsee ein Hotel hinsetzen will, will aber jetzt wissen:
Kriege ich daneben gleich einen Bohrturm hingestellt? Dann lasse ich es. Habe ich eventuell
die Option, dass dort ein Bohrturm hingestellt wird, dann lasse ich es auch. Damit ist natürlich
schon die Erkundung eine entscheidende Situation für die Leute dort vor Ort. Sie wissen selbst,
welche dramatischen Debatten wir dort oben in Ihrer Ecke und in meiner Ecke hatten, was die
CO2-Verpressung anbelangt hat. Das waren Dinge, die auch dazu geführt haben, dass sich
Leute entschieden haben zu sagen: Das hier ist nicht meine zukünftige Option. Unter solchen
Bedingungen überlege ich mir, hier wegzugehen. Diese Argumente müssen wir zumindest akzep-
tieren und anerkennen. Dann kann man sich immer Landtag von Sachsen-Anhalt noch hin-
stellen und sagen: Das zählt für mich nicht. Ich will, dass hier etwas gefunden wird, und dann
kriegen wir das in den Griff. Aber dass es darüber widerstreitende Meinungen gibt und die Leute
informiert werden sollen, das, glaube ich, sollten wir uns gegenseitig zugestehen.
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Uwe Harms (CDU): Herr Gallert, auf diese Sachen möchte ich in doppelter Weise antworten.
Punkt1. Dem  Investor ist es auch heute schon möglich, sich zu informieren, auch über die sich
weiter entwickelnden Möglichkeiten, an denen man auch zu DDR-Zeiten mitgewirkt hat, sodass
man derart horizontal und schräg bohren kann in einer Weise, dass, wenn man dort Erdöl heben
möchte, überhaupt keine Befürchtung bestehen muss, dass die touristische Entwicklung, die wir
dort haben, negativ beeinflusst wird. Anders ist es übrigens bei dem ganzen Vorgang Windräder,
der tatsächlich Einfluss auf touristische Vorhaben hat. Aber ich möchte jetzt nicht wieder die
ganze Diskussion in der letzten Landtagssitzung aufmachen.
Den zweiten Punkt meiner Antwort habe ich im Moment vergessen. Ich bitte um Nachsicht; wir
sind ja in der Vorweihnachtszeit. Aber wir können die Diskussion gern im Ausschuss fortsetzen.
Deshalb überweisen wir diesen Antrag auch gern.

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